Odernheim. Zu einem ganz besonderen musikalischen Schlagergottesdienst mit bekannten Balladen & Gassenhauern am Abend des Reformationstages nahm der Kirchheimbolandener Gemeinde-Diakon Gerhard Jung im Gemeindepädagogischen Dienst Donnersberg seine Zuhörer in der Protestantischen Kirche Odernheim auf eine biblische Zeitreise zu Martin Luther mit. Der deutsche Augustinermönch war nicht der Erste, aber derjenige, der dem Volk aufs Maul schaute und die Bibel in ein verständliches Deutsch übersetzte.  

Luther habe Lieder gedichtet und sie mit bekannten Melodien unterlegt. Historiker hätten den ursprünglichen Text herausgefunden: „Wenn die Magd zum Tanze geht“. Es habe vor 500 Jahren sicher Zeitgenossen irritiert und gestört, wenn bei den Evangelischen aus der Kirche Wirtshauslieder wie auf Volksfesten drangen. „Geht das?“ fragte der Diakon provokativ. Ja das gehe. Peter Orloff singt passend „Zwischen Kirche und Kneipe“: Wir singen weltumspannend „Halleluja“ und wissen: „Er gehört zu mir“, auch wenn das „Kribbeln im Bauch“ von Pe Werner fehlt und wir manchmal über „sieben Brücken“ gehen müssen. Und wenn wir uns fragen: „Sag mal, wo kommst du denn her“ oder „Mit dem Hammer in der Hand“ (Gunter Gabriel), der umgetextet im Wechselgesang inhaltlich die ganze Reformationsstory von Martin Luther abhandelt, dann sei das „der perfekte Moment“ (Max Raabe) um mit Hanne Hallers „Vater unser“ den Schöpfer zu loben und ihm zu danken. So war der Gottesdienst aufgebaut. Übrigens war vor Martin Luther im Genesis von „mehreren“ Himmeln die Rede, die Hanne Haller aufgriff wenn sie singt: „Doch die Himmel, haben ihren eigenen Sound“.  

 „In der Bibel steht: Gott ist die Liebe und viele Schlager sind Liebeslieder, die man mitsingen kann“, begann der Talarträger mit Ordinationskurs in Turnschuhen: Es gebe keine „falsche“ Töne nur eben andere, appellierte er ans lauthalse Mitsingen. Liturgisch war sich Gerhard Jung am Reformationstag mit dem katholischen Priester Carsten Leinhäuser aus Winnweiler einig: „Jesus ging´s nie um die Kirche. Ihm ging´s um das junge Paar, dem der Wein ausging, um die Fischer, die leere Netze einholten, um die Mutter, die ihr totes Kind beweinte“; – ihm sei es in diesem Kontext als Kümmerer der Kleinen, Einsamen, Schwachen, Looser, Unperfekten und Sünder um den Frieden gegangen, weil gute Herrscher dafür sorgen, dass es allen Geschöpfen gut gehe. Insofern textete Jung wie ein Liedermacher um, assoziierte Bibelpassagen mit Schlagern, etwa wie der Psalm 23 sich in Gänze im Karat-Lied „Über sieben Brücken“ wiederfindet. Selbstredend Katja Ebsteins „Wunder gibt es immer wieder“, die den Entertainer inspirierten, Vergleiche zum Wunder Jesu bei der Hochzeit zu Kana, als er Wasser zu Wein verwandelte, zu ziehen. Und für das „kribbeln im Bauch, Schmetterlinge die man nie mehr vergisst“ gab es für die Besucher Ahoi- Brausestäbchen gratis. Die ganze Reformationsstory mit den 95 Thesen anno 1517 an der Schlosskirche zu Wittenberg, den Ablassbriefen, und Luther beim Reichstag zu Worms („Warum warst du denn so stur? Allein zur Ehre Gottes nur?“) wurde im Wechselgesang wunderschön zu Vader Abrahams Melodie „Sag mal, wo kommst Du denn her?“ tag genau 502 Jahre später in der Odernheimer Kirche vom Volk geradezu zelebriert.

Mehrfach wurden am Reformationstag in der Becherbacher Kirche und St. Johannisberg in Hochstetten am Skywalk das Leben und Wirken des Reformators vor einer riesigen Publikumskulisse aufgeführt. An der mittleren Nahe gibt es mittlerweile mit „Sing & Pray“ in Merxheim oder in der Fastnachtszeit in Staudernheim „närrische“ Romanzen in der Kirche, die zu sehr erfolgreichen Formaten avancierten. Nach einer Presbyteriumssitzung  griffen Bettina Herzog, Eva Porth, Sandra Grimm, Reinhard Herzog und Elke Holderbaum diesen Schlagergottesdienst in Odernheim zur Reformation auf, letztere Presbyterin war von einem Auftritt in Niedermoschel fasziniert; – das Quintett war mit der Resonanz mit über 100 restlos begeisterten  Besuchern sehr zufrieden. Als Lieblingslied und Zugabe wählten sie das textstarke Lied von Karat „Über sieben Brücken musst du gehen“.

Vor Corona, 2019, begann der mittlerweile TV-bekannte Gerhard Jung mit Kalli Koppold am Keyboard im Donnersbergkreis mit den Schlagergottesdiensten. Vertretungen übernahm er in Odernheim für Dietmar Schultz-Klinkenberg und für dessen Nachfolgerin, Pfarrerin Sandra Liermann. In den Bekanntmachungen wurde dem am vergangenen Sonntag verstorbenen, jahrzehntelang-tätigen Pfarrer Ernst Marx gedacht. Dessen Bruder Traugott Marx habe Gerhard Jung 1962 getauft und so schließe sich wieder Kreis, informierte der überaus extrovertierte Diakon.

Zum Foto: Mit der Luthermütze quasi als ganz starker Menschenfischer und „Schlagerfuzzi“ mit biblischen Texten unterwegs und sehr erfolgreich trat Diakon Gerhard Jung in der protestantische Kirche in Odernheim auf. Foto: Bernd Hey.

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