Bruschied. Anfang Juli 2023: Drei Tage lang feierte Bruschied im Kirner Land mit Besuchern und Gästen, mit einem Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Franz Xaver und dem Knappenchor Bundenbach sowie einem bunten Rahmenprogramm mit viel Musik sein 1.000-jähriges Bestehen. Der Erfolg hat viele Väter – alle machten mit, die Bruschieder waren exzellente Gastgeber.    

Am Freitag und Samstag wurden neben kulinarischen Köstlichkeiten wie Pizzen im Backes unter der Regie des Bundenbacher Bäcker-Obermeisters Alfred Wenz jeweils 200 Brote gebacken: Das Jubiläum wurde zu einem gesellschaftlichen Ereignis, Ortsbürgermeister Thomas Engbarth war von der Resonanz „meines letzten Festes“ überwältigt. Landrätin Bettina Dickes überbrachte die allerherzlichsten Glückwünsche der Kreisbevölkerung und lobte den idyllisch-gelegenen Ort oberhalb des wildromantischen Hahnenbachtals und das „Wir-Gefühl“ in höchsten Tönen: „Verlieren sie dieses Heimatgefühl nie aus den Augen“, rief sie aus.

„1000 Jahre, das sind über 50 Generationen“, erinnerte VG-Bürgermeister Thomas Jung: „Die vergangenen Jahrzehnte waren sicherlich die dynamischste Zeitspanne. Nicht zaudern, sondern anpacken“, so hätte man alle Herausforderungen gemeistert, lobte er.

„Alte Hausnamen bergen Geschichte und Geschichten“ berichtete unsere Zeitung bereits über den Heimatverein um Vorsitzenden Björn Ottenbreit und Autor Dr. Peter Altmayer, nachzulesen ist das beispielhafte Projekt „Dorfschell“ auch unter WWW.Bruschied.de oder „bruschied.eu“.

Die 340-Seelen Gemeinde als Wohlfühlort am Fuße des Teufelsfels hatte geflaggt, sich fein herausgeputzt, die Dorfeingänge wurden verschönt, am Ortsausgang Richtung Rudolfshaus tags zuvor eine sehenswerte Stele gesetzt.    

Seit Jahresbeginn wurde die 1000-Jahrfeier von einem sehr rührigen Arbeitskreis um den 65-jährigen „OB“ Thomas Engbarth, Dr. Peter Altmayer, Dr. Heiner Felbecker, Andreas Bakos, Herbert Eich, Wolfgang Messer, Oliver Fey, Gerhard Stein, Katrin Hailer, Rosi Jakobi, Patrick Steina und Julian Weirich, aber auch von „ außerordentlich engagierten jungen Frauen wie Sabrina Heck und Luisa Stein vorbereitet“, lobte das Dorfoberhaupt.

„1.000 Jahre Bruschied gehen weit über die Feierlichkeiten hinaus…“, ja, man wolle die besondere Gastfreundschaft seiner Bewohner voller Dankbarkeit und Wertschätzung zeigen, repräsentieren und im wahrsten Sinne des Wortes zelebrieren und so das kulturelle Erbe seines Heimatortes bewahren, heißt es sinngemäß seitens des Orga-Teams in der eigens gedruckten 44-seitigen Jubiläumsfestschrift. Darin sind die Schullehrer ab 1771, die Pastoren der bis heute überwiegend römisch-katholischen Glaubens geprägten Dorfgemeinschaft der Pfarrei St. Franz Xaver, oder die Ortsvorsteher und Bürgermeister ab 1707 bis zu Thomas Engbarth (seit 1996) chronologisch und namentlich erwähnt.  

„Immer mir noh`“ gab der Dorfchef für die über zweitstündigen Dorfrundgänge am Freitag und am Samstag die Parole aus: 54 „alte“ Häusernamen samt Infotafel waren Hingucker und avancierten zu einer lebendiger Zeitreise, als es die Post noch gab, und die Postfrau im Dorf ihren Job kündigte, weil sie es nicht mehr übers Herz brachte, Kriegsnachrichten von gefallenen Soldaten zu überbringen….

Bei der Auftakt-Exkursion ging es mit über 100 Teilnehmern durch die Hauptstraße (Bannhof) über den Birken- und Ahornweg durchs Oberdorf ins Unterdorf, wo Wolfgang Messer („Fuhrsch Wolfgang“) und Dr. Heiner Felbecker sowie die Hauseigentümer selbst humorvoll-heiteres, Anekdoten und Raritäten erzählten. Erinnerungen wurden unterwegs wach, als noch mit Griffeln auf Schiefertafeln geschrieben wurde und im „Klingelacker“ am östlichen Ortsrand die Bauern beim Pflügen viel keltisches Zeugnis einer frühen Besiedlung fanden, was eben klingelte. Am 1745 angelegten Friedhof las Bruschieds Urgestein Rosi Jakobi die mystische „Sage vom Teufelsfels“. Ebenfalls Eyecatcher ist die top-gepflegte, sanierte  und 1699 erbaute Marienkapelle, Ziel von Wallfahrten, denn bekanntlich kann der Glaube Berge versetzen.

An den jüngst verlegten „Stolpersteinen“ wurde den 1942 deportierten jüdischen Familien Baum und Dornhardt gedacht, die seit 1753 in der Region wohnten, auf der Nazi-Todesliste „unbekannt verzogen“ und ermordet wurden. An Vorfahren und Altvorderen, die sich in der Landwirtschaft und dem örtlichen Schieferbergwerk verdingten, wurde erinnert, oder wie Generationen das Fahrrad fahren um die „Pullpump“ im Hof des Fuhrgeschäftes Stein („Stä(n)matze“) erlernten. Heute gibt es keinen klassischen Bauernhof mehr, lediglich existiert ein Grünlandbetrieb der Gebrüder Ottenbreit im Ort.

Der Vater des Bürgermeisters Thomas Engbarth war Schneider, in seinem 1749 erbauten „Hannesmatze-Haus“ (nach dem Hausbesitzer Johann Mathias) soll der berüchtigte Schinderhannes genächtigt haben; – und das Haus im Oberdorf mit seinen hohen Stuben wurde bis in die 1970-er Jahre als Wirtshaus genutzt. In Bruschied mit seinen teils typisch bläulichem Hunsrücker Naturschiefer eingedeckten Dächern ist der Wandel zum Kunstschiefer allgegenwärtig sichtbar. Im 20.Jahrhundert gab es zwei Lebensmittelgeschäfte, zwei Gasthäuser und drei florierende Flaschenbierhandlungen, berichtete Willibald Schultes im Unterdorf und wenn seine Oma Veronika Wagner im Haus Staudt, früher „Stautmatse“ genannt, so kreativ mit ihrer Produktion von Griffel und Stiften, Klein-und Kurzwaren wie Schnürsenkel so emsig weiter gemacht hätte, würde heute hier die Wiege eines globalen Konzerns stehen, sagte er. Die Grundmauern von 1798 stehen noch und seien so alt, seit es Kirner Bier gebe und Bruschied im gleichen Jahr zur neugeschaffenen französischen Herrschaft „Mairie de Kirn“ kam. „Bruschied hat seine Hausaufgaben des urbanen Lebens über 1000 Jahre mit Bravour gemeistert. Chapeau!“, lobten auswärtige Besucher von überall her. Bernd Hey.

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