Bad Sobernheim. Der Staudernheimer Pfarrer Ralf Anacker war bei Gerhard Engbarth zu Gast in der Sobernheimer Runde und erzählte von seiner Vita, seiner Kindheit im Oberbergischen Kreis und seinen Stationen bis hin zum Studium der Theologie. 

Allgegenwärtig sei das Portrait von Dietrich Bonhoeffer im gleichnamigen Gymnasium in Wiehl gewesen, und auf der Hochschule in Heidelberg habe er sein Herz verloren, seine Frau kennengelernt und geheiratet. Alles ländliche, alle Hobbys, die er in seiner Jugend pflegte, fand und schätzte er, als er 30-jährig ins Naheland kam. Damals in Meisenheim wohnend wurde Ralf Anacker 1990 in der evangelischen Kirche in Becherbach bei Kirn ordiniert und fand wenig später im Kirchenkreis an Nahe & Glan seine Berufung in Staudernheim. Der Schreiber dieser Zeilen stammt aus Otzweiler und berichtete für die Kirner Zeitung von einer eher spontanen Ordination, bei der Superintendent Hartmut Eigemann ihn als „jungen symphatischen Seelsorger“ unter seine Fittiche nahm und doch beim Festgottesdienst quasi die Hauptsache, nämlich die Ernennungsurkunde, vergas. „Nach 34 wunderschönen Jahren als Landpfarrer schließt sich jetzt der Kreis“, strahlte der scheidende Pastor und passionierte Jäger dankbar und zufrieden beim Wiedersehen in der Seniorenresidenz Felkebad als 136. Gast in der Sobernheimer Runde. Am 14. April findet für Ralf Anacker sein Abschieds-Gottesdienst statt.

In der Kirchengemeinde Becherbach, zu der Otzweiler und Heimweiler zählen,  war er für den in Israel weilenden Pfarrer Friedrich Mayer seelsorgerisch tätig, als Anacker als smarter Jüngling „und Leichtgewicht mit 58 Kilogramm sich den Weg durch hunderte Trauergäste“ bei seiner ersten Beerdigung bahnte: Eine junge Mutter schied durch Suizid aus dem Leben, was nachhaltig hängen blieb und er sich an seinen Auftrag „…tröstet mein Volk, spricht euer Gott“, erinnerte; – Unfälle oder menschliche Schicksale, beispielsweise im Zuge der Auflösung des Bundeswehrstandortes Pferdsfeld in den 1990-er Jahren klammerte er aus.

Wie sehen sie seit 1990 ihre Ära im Rückblick, was will die Kirche leisten, was hat sich verändert?, so lautete eine erste Frage. Ja, die Zahl der Gottesdienste habe stark abgenommen, damals habe er 130 Gottesdienste im Jahr gehalten. Zwei Mal Frauenhilfe in Abtweiler und Staudernheim, Konfi-Unterricht plus Familienstands-Beurkundungen von der Wiege bis zur Bahre – alles ohne Handy, Laptop, Fax oder Kopierer. Im Laufe der Jahre habe er und die Kirche die Ökumene mit modernen Formaten und viel Musik weiter entwickelt. Anacker nannte den Taufgottesdienst als Tauferinnerung auf dem Disibodenberg, und bei der Eucharistie zum Todestag der Heiligen Hildegard im September sei ein evangelischer Pfarrer anwesend: „Man muss Formate entwickeln, die angenommen werden“ auch die „Geh-hin-Struktur“ zu den Menschen müsse bleiben, appellierte er und begrüßte dieses Ansinnen und die Angebotsstruktur der jüngst fusionierten Paul-Schneider-Kirchengemeinde. Seit 2009 kommt er in die Seniorenresidenz, wo er ganz herzlich verabschiedet wurde. Als Kümmerer kenne er viele Bewohner, als sie noch quietsch-fidel herum gesprungen sind, sagte er. Überall, wo gefeiert werde, wo es Essen und Trinken gibt, da könne man das Wort Gottes verkünden. Moderator Gerhard Engbarth nannte dies, „nah bei de Leut` sein“, Anacker lebe „Kirche im Dorf“ und in diesem Kontext erinnerte Grandseigneur und Winzermeister Karlheinz Schneider an frühere Hausschlachtungen in den Dörfern, wo man den Lehrer und den Pfarrer mit Kostproben nie vergaß…   

War Anacker Vorbild für die Konfirmanden? Nein, das sei zu viel abverlangt, anmaßend und „hochgehängt“; – auch er habe Lehrgeld zahlen müssen. Er sei einer, der auch mal ein Bier trinkt, wollte keine Moralpredigt abhalten, eher von der Kanzel herab Fastnachts- oder Büttenreden halten, die 2017 mit dem 500. Jahrestag der Reformation und Martin Luther als Leitfigur ein Highlight waren: Mit einem, „der dem Volk aufs Maul schaute, der frank und frei redete, wo der Hammer hängt, konnte man wuchern und punkten“.  

Schönstes Erlebnis war, als er höchstpersönlich den goldenen Hahn auf die Kirchturmspitze setzte und in Staudernheim ein „Gockelfest“ gefeiert und das Miteinander von Vereinen sowie die urbane Geselligkeit gepflegt wird. Im Gegensatz dazu will er aus seinem großen Bekanntenkreis nicht mehr gute Freunde oder Weggefährten zu Grabe tragen – demütig will er fortan davon Abstand nehmen.

 Gerhard Engbarth fragte sinngemäß nach, wie Gottes Spuren in der Biografie der Menschen hinterlegt sei: „..ich bin kein Richter, aber viele Menschen sagen, mein Glaube hat mir geholfen…“. Erstaunlich offen beantwortete der Vater zweier Kinder und zweifache Opa, dass er gerne Bauchredner geworden wäre, acht persönliche Fragen. Die Gemeinschaft mache ihn glücklich, Ignoranz mag er nicht und der Krieg mache ihm Angst. Quintessenz war: Die Welt bräuchte viel mehr Humor und Frohsinn, positive Erinnerungen und gute Freunde.

Er könne sich für seinen neuen Lebensabschnitt im „Unruhestand“ und seinen Lebensmittelpunkt weiterhin in Staudernheim die Gartenarbeit, als Jäger das Vogelgezwitscher in der Natur vorstellen. Die Enkel bräuchten ihn, außerdem habe er bisher quergelesen und wolle dies intensiver tun. Vor Vereins-Anfragen könne er sich kaum retten – Elke Kiltz aus Nußbaum würde ihn gerne im Synagogenverein verortet sehen. Bernd Hey.

Fotos: Pfarrer Ralf Anacker geht in den Ruhestand und war bei Gerhard Engbarth in der Seniorenresidenz Felkebad in der Sobernheimer Runde zu Gast. Fotos: Bernd Hey, der 1990 von seiner Ordination in Becherbach berichtete.

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