Meisenheim. Im Flyer des Volksbildungswerkes war zur „Konzertvielfalt mit acht Händen“ der Familie Wöllstein eingeladen: Weil ein solch größeres Ereignis bei Kaiserwetter am Sonntagnachmittag „zwischen Torte und Tatort mit derlei virtuoser Genialität“ nicht Selbstverständlich ist, begrüßte  Grandseigneur Werner Keym eingangs die sehr zahlreich erschienen Besucher von Nahe und Glan und dankte unter Beifall der Presse, insbesondere dem „Öffentlichen“, der noch über Konzerte berichte und dem Wochenspiegel, der im Vorfeld die „vier Künstler in ihrer jugendlichen Schönheit auf Seite 1 präsentiert hat“.

 Dank galt weiterhin der Örtlichkeit und in Persona der stellvertretenden Schulleiterin des Paul-Schneider-Gymnasiums, Jutta Lißmann; – die Aula ist für derlei festliches Konzerterlebnis geradezu prädestiniert. Das Weingut Schmidt aus Obermoschel war quasi „Pausenfüller“ und schenkte edle Tropfen, Sekt und Selters aus. Hauptdank gebührte der Familie Wöllstein – ihm sei weit und breit kein so erfolgreiches Ensemble der Kammermusik als Klaviertrio mit Klavier, Violine und Cello bekannt, schärfte Werner Keym vor Konzertbeginn alle Sinne.

Als ein kongeniales Paar eröffneten Yuki Nagatsuka und Gerhard Wöllstein so harmonisch wie ausdrucksstark acht Variationen zu vier Händen als Dankesgeste über seinen Förderer, den Grafen von Waldstein, das Ludwig van Beethoven 24-jährig 1794 komponierte. Es folgte vom Stammvater der Wiener Klassik,  Joseph Haydn (1732 -1809), mit dem Klaviertrio No. 39 in G-Dur, sein beliebtestes Werk im Kammermusik-Genre: Andante, Poco adagio und im dritten Satz beim Finale Rondo im ungarischen Stil, das seinem Förderer, dem Fürstenhaus Esterhazy gewidmet war, hagelte es Extraapplaus für Yuki Nagatsuka am Klavier, Maria Karen Wöllstein (Violine) und das neunjährige Nesthäkchen Clara Hanako Wöllstein, die als jüngste Kammermusikerin mit gleichgroßem Cello ein überwältigendes Debut feierte – und gefeiert wurde.

Schnörkellos flitzten der Bogen und die Finger geradezu beim Capriccio op.24 von Georg Goltermann (1824-1898) über die Saiten, die Partitur mit seiner spielerischen Leichtigkeit, scherzhaftem Charakter und unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden war faszinierend anzusehen und ist für Nachwuchstalente ein wahrer Fundus. Ein verträumtes Mienenspiel und die freudige Gestik waren Zeugnis dafür, dass die unbekümmerte Schülerin selbst die größte Freude am Spiel offenbarte und sich mehrfach mit tiefer Verbeugung den wertschätzenden Applaus abholen durfte. Desöfteren, auch bei Werner Keym, fielen im Foyer zur Pause die Worte „Wunderkind“. Nach der Geige hat sich Clara vor drei Jahren für das Streichinstrument entschieden und wird bei Cello-Professor Manuel Fischer-Dieskau gefördert. Ihre 19-jährige Schwester Maria bleibt hobbymäßig der Violine treu und studiert Psychologie.

Werner Keym sagte als heiteres Highlight von Camille Saint-Saens neun von 14 kleinen Sätzen aus dem „Karneval der Tiere an“ und knüpfte Ouerverweise zu Loriot, Detlev Schönauer oder Roger Willemsen. Das Paradestück „Der Schwan“ mit Cello von Clara Wöllstein und seiner Mutter am Flügel erreichte die Herzen der Zuhörer. Von Felix Mendelssohn-Bartholdy wurde sein „Lied ohne Worte op.109“, als das Cellospiel für die holde Weiblichkeit noch als „unschicklich“ galt und von dem spanischen Geiger Pablo Sarasate rasant-feurige „Zigeunerweisheiten op.20“ von Maria Wöllstein brillant aufgeführt.  

Konzertführer war das Familienoberhaupt selbst: das Repertoire der aufgeführten Werke „stammt von Komponisten, die uns ans Herz gewachsen sind“, sagte Gerhard Wöllstein, Jahrgang 1963, was man im Film- oder Schlagermilieu ein „Best-of“ nennen würde. Der Merxheimer ist Dirigent mehrerer Chöre und Klavier-Dozent am Mainzer Peter Cornelius Konservatorium. Seine erklärten Lieblingskomponisten aus der Epoche der Romantik sind Robert Schumann und Franz Schubert (1797-1828), die er intensiv und leidenschaftlich zelebrierte. In Schuberts allen sechs Zyklen des „Moment musical in As-Dur 94“ sei gemein, dass sie Schmerz und Trost vereinen: „Sie sind das Ehrlichste, was jemals für Klavier komponiert wurde“, rühmte Wöllstein. Indem er die Töne Staccato lange nachklingen ließ, schuf er ein besonderes Szenario. Von Robert Schumann kam dynamisch-direkt und anklagend „Du meine Seele, du mein Herz“ und im Kontrast dazu in der Bearbeitung von Franz Liszt, romantisch-verspielt, die „Frühlingsnacht op.39, Nr.12“ als Klangerlebnis zu Gehör.          

Natürlich musste das professionell-agierende Quartett nach langanhaltendem und stehendem Applaus Zugaben geben und entließ die restlos begeisterten Zuhörer mit dem „Liebesgruß“ von Edward Elgar. Bernd Hey.

Aula des Paul-Schneider-Gymnasiums mit seiner atemberaubenden Akustik bot die Bühne für ein facettenreiches Konzert der Extraklasse der Familie Wöllstein. Foto: Bernd Hey.   

Cookie Consent mit Real Cookie Banner